Phänologie

Teilgebiet der Agrarmeteorologie, welches die Entwicklungsphasen von Kultur- und Wildgewächsen aufzeichnet und mit dem Wetter in Zusammenhang bringt. Die wichtigsten Phasen stellen die Blattentfaltung, Blüte, Reife und Laubfärbung dar.


Nachfolgend sind Phänologie allgemein an Hand eines Textes und die einzelnen Abschnitte des Jahres an Hand der für sie chrakteristischen pflanzlichen Entwicklungen tabellarisch beschrieben (Text und Tabellen entnommen aus: Abendrot, Schönwetterbot' - Wetterzeichen richtig deuten, Bernhard Michels, 2004, BLV Verlagsgesellschaft mbH München, S. 80 -107)

"Die Wissenschaft, die sich mit den jährlich wiederkehrenden periodischen Erscheinungsformen beschäftigt, nennt sich Phänologie. Aus dem Griechischen übersetzt heißt das "Lehre von den Erscheinungen". Gemeint sind die periodischen Wachstums- und Entwicklungserscheinungen aller "pflanzlichen und tierischen Lebewesen in ihrer Witterungsabhängigkeit." Die Phänologie untersucht die Entwicklung der Pflanzen und Tiere im Jahreslauf, indem sie die Entrittszeiten auffälliger Erscheinungen notiert. Bei Pflanzen sind dies z.B. Daten für Blattentfaltung, Blüte oder Fruchtreife, bei Tieren periodische Wanderungen oder bestimmte Verhaltensweisen zur Fortpflanzung.

Im Laufe ihrer Geschichte begannen die Menschen irgendwann einmal, die Pflanzen genauer zu beobachten. Sie gaben Acht auf die jährlich unterschiedliche Knospenbildung, das Aufblühen der Blüten an Bäumen, Büschen und Blumen sowie auf die Reifung von Samen und Früchten. Es kristallisierten sich im Laufe der Zeit viele typische Pflanzen heraus, welche die näturlichen Jahreszeiten anzeigten. Diese Zeiger- oder Signalpflanzen wurden von den Landwirten genutzt, um den richtigen Zeitpunkt für die Bodenbearbeitung und Aussaat zu finden. Der Kalender der Natur war entdeckt.

Die längsten uns bekannten phänologischen Aufzeichnungsdaten kommen aus England. Über 6 Generationen (1736 - 1925) schrieb die Familie Marsham bei Norwich in Norfolk, später auf Rippon Hall phänologische Daten von 13 ausgewählten Laubgehölzen sowie die Wanderung einiger Zugvögel und das erste Quaken von Fröschen auf.

Natürlich reagiert die Natur nicht nur auf jahreszeitlich unterschiedliche klimatische Faktoren, sondern jeder Landstrich, ja sogar jeder Garten hat sein eigenes Kleinklima. Das ist abhängig von der geographischen Lage, von der Gegend und vom Boden. Der viel herbeigesehnte Frühlingsanfang hängt z.B. von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Das wären die geographische Lage des Gebietes, Höhe, Distanz von Meeren oder großen Wasserflächen, Geländeneigung, Längen- und Breitengrad, Sonneneinstrahlung, vorherrschende Windrichtung, offene oder geschützte Landschaftslage wie Stadt- oder Landlage. All diese Faktoren spielen eine große Rolle und man wird sich bewusst, dass jeder Garten und jedes Fleckchen Erde ein eigenes klimatisches Universum ist.

Der Naturkalender ist eines der lohnendsten und interessantesten Kapitel für alle, die sich für und an der Natur begeistern können. Beobachtungen und resultierende Erfahrungen sind fast unerschöplich.

Kein Jahr gleicht dem anderen, sagt man. Das hat seine Berechtigung. Trotzdem rennen wir bei den ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling hinaus in den Garten, um schon mal die Gartengeräte bereitzustellen. Um den 21. März ist zwar Frühlingsanfang, es muss aber noch lange kein Frühling sein, denn 6 Wochen Differenz zwischen den Vegetationszuständen in verschiedenen Jahren sind keine Seltenheit. Es kann fatale Folgen haben, wenn man sich z.B. nur nach den Aussaatzeiten der Samenpackungen richtet, ohne dabei die Natur zu beobachten. Sehr viel verlässlicher als der altbekannte Kalender mit 4 Jahreszeiten in den 12 Monaten ist der "Naturkalender", denn für Pflanzen sind die Tageslänge und die Temperatur entscheidend und nicht das Datum. In der Natur gibt es kein Kalenderjahr. Jede Zeit hat ihre eigenen Ausdrucksformen von Leben, jedes Geschöpf eine andere Möglichkeit gefunden, mit den Klimafaktoren umzugehen.

Das Jahreszeitenempfinden wird in uns durch Schneeglöckchen-, Weiden- und Löwenzahnblüte, reife Früchte und fallendes Herbstlaub ausgelöst. Der Zeitpunkt ist von Ort zu Ort und Jahr zu Jahr völlig unterschiedlich. Jede Jahreszeit hat in der Natur ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter und ihr eigenes Gesicht, die sich in den typischen "Kennpflanzen" widerspiegeln, die uns ihrerseits Rückschlüsse auf das Klima in der unmittelbaren Umgebung geben. Ob die Jahreszeiten in der Natur ihre Optima erreicht haben, verrät uns nicht der Kalender, sondern nur die Natur selbst. Diese "Eintrittszeiten" sind von Ort zu Ort verschieden. In 50 km Entfernung erfreut uns schon die Apfelbaumblüte, während vor Ort erst die ersten grünen Knospen zu sehen sind. Wer sich nach dem Naturkalender richtet und zudem noch das Wetter beobachtet, kann im Garten eigentlich kaum mehr Fehler machen.

Sitzt im November fest das Laub, wird der Winter hart, das glaub.
Siehst du schon gelbe Blümlein im Freien, magst du getrost den Samen streuen.
Wenn das Feld arm ist, so sind die Bienen reich.
Je stärker im Walde die Bäume knacken, je höher wird der Winter packen.
Je früher im April der Schlehdorn blüht, desto früher der Schnitter zur Ernte zieht.
Viele Eicheln im September, viel Schnee im Dezember.

Die Eintrittszeiten phänologischer Phasen spiegeln alle Umwelteinflüsse wider. Daher können aus diesen Daten sich ändernde Umweltbedingungen ermittelt werden.

Die Daten, welche die Phänologen z.B. des Deutschen Wetterdienstes jährlich immer wieder neu zusammentragen, sind in ihren Anwendungsmöglichkeiten von allgemeinem Interesse. Sie finden Verwendung in der Agrarklimatologie, bei Warn- und Beratungsdiensten für die Landwirtschaft, im Pflanzenschutz, bei Pflanzenzüchtungen, zur Abschätzung der voraussichtlichen Erntetermine und Ernteerträge, zur Ursachenforschung neuartiger Waldschäden, Klimaveränderungen usw. Auch Medien und Reiseunternehmen sind an phänologischen Prognosen interessiert, z.B. an der Obst- und Heideblüte oder an der Laufverfärbung des Waldes. In der Medizin ist die Vorhersage der Blütezeit von Pflanzen mit allergieauslösenden Pollen gefragt, damit die Allergiker rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen können. Auch die Imker führen ihre Bienenvölker nach den phänologischen Jahreszeiten. Besonders in der Landwirtschaft sind die Daten zur Vegetationsperiode von großer Bedeutung. Sie geben Auskunft darüber, welche Pflanzen in heimischen Gebieten am besten gedeihen und welche zur ertragslohnenden Kultivierung ungeeignet sind. In einigen Wachstumsphasen benötigt z.B. Getreide besonders viel Wasser (Ährenschieben), in anderen ist es besondes anfällig für Krankheiten und Schädlingsbefall. Der Landwirt kann dann zur richtigen Zeit die effektivsten Maßnahmen ergreifen wie Bewässerung oder Schädlingsbekämpfung. Das schont die Umwelt und seinen Geldbeutel. Wer seinen eigenen Garten beobachtet und mit offenen Augen durch die Natur mit ihren Jahreszeiten geht, erfährt, dass die Pflanzen die verschiedenen Jahreszeiten bzw. Vegetationsphasen anzeigen, nach denen man die Garten- und Feldarbeit, Freizeit, Urlaub, Feste und vieles andere ausrichten kann, so wie es unsere Vorfahren seit Jahrtausenden schon immer gemacht haben. Diese Fähigkeit ist uns nur nicht mehr so bewusst und leider bei vielen auch verloren gegangen. Die verschiedenen Signalpflanzen kommen in fast allen Landschaften Deutschlands, ja sogar Zentraleuropas vor, können also jederzeit und überall beobachtet werden. Es lohnt sich für jeden, sich Notizen über die eigenen Beobachtungen zu machen, da im Vergleich mehrerer Jahre Unterschiede deutlich werden, dadurch Prognosen genauer werden und auf jeden Fall das Verständnis für und die Liebe zur Natur wachsen. In den nachfolgenden Tabellen werden die Wachstumsphasen in ihren 10 von den Phänologen definierten Jahreszeiten mit typischen Signal oder Kennpflanzen aus Natur, Landwirtschaft und Obstgarten vorgestellt. Die Tabellendaten sind langjährige Mittelwerte. Dabei ist zu beachten, dass sich von Jahr zu Jahr und Ort zu Ort natürliche Abweichungen dieser Mittelwerte ergeben können. Mehrere Tage bis Wochen sind da je nach Witterung durchaus normal. Besonders im Frühjahr merkt man, dass die Natur sehr vom jeweiligen Witterungseinfluss abhängig ist. Hier sind die Normabweichungen am größten. Sie verringern sich in den nachfolgenden Jahreszeiten fast genauso, wie sich das Wetter bis in die Herbstmonate stabilisiert.

Der Vorfrühling



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang

Haselnuss, Schneeglöckchen, Winterling: Blüte



Mitte

Schwarzerle, Huflattisch, Pestwurz: Blüte



Ende:


Krokus: Blüte
Kornellkirsche, Salweide: Blüte

Dauergrünland: Ergrünen


Stachelbeere: Austrieb

Der Erstfrühling



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang


Forsythie, Traubenhyazinthe: Blüte
Buschwindröschen, Himmelschlüssel: Blüte
Rosskastanie: Austrieb
Eberesche: Austrieb


Europäische Lärche: Nadelentfaltung; Hängebirke: Austrieb

Hafer: Bestellung

Kartoffel Beginn Bestellung
Hafer-Auflaufen; Betarüben: Bestellung

Winterraps: Beginn des Schossens


Stachelbeere: Blattentfaltung




Apfel: Austrieb

Mitte


Spitzahorn: Blüte; Rosskastanie, Schwarzerle, Hängebirke: Blattentfaltung
Hängebirke, Schlehe: Blüte; Eberesche: Blattentfaltung

Sonnenblume: Bestellung



Stachelbeere: Blütebeginn

Ende:

Löwenzahn: Blüte

Tulpe: Blüte
Narzisse: Blüte




Esche: Blüte
Rotbuche: Blattentfaltung



Graswachstum zunehmend
Beginn Weidenaustrieb
Winterraps: Knospenbildung; Winterroggen: Beginn des Schossens
Wintergerste: Beginn des Schossens
Mais: Bestellung


Betarüben: Auflaufen

Rote Johannisbeere: Blüte
Weinrebe: erstes Bluten




Süßkirsche: Blütebeginn
Birne: Blütebeginn
Süßkirsche: Vollblüte
Sauerkirsche: Blütebeginn
Birne: Vollblüte

Der Vollfrühling



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang

Stieleiche: Blattentfaltung



Fichte: Maitrieb

Esche: Blattentfaltung
Rosskastanie: Blüte
Flieder: Blüte; Kiefer: Maitrieb;
Goldregen: Blüte

Winterweizen: Beginn des Schossens


Sonnenblumen: Auflaufen
Winterraps: Bestellung


Sonnenblume: Blattbildung


Apfel: Blütebeginn; Sauerkirsche:
Vollblüte
Süßkirsche: Blütenende

Weinrebe: Austrieb
Birne: Blütenende; Apfel: Vollblüte

Sauerkirsche: Blütenende

Mitte

Zweigriffliger Weißdorn, Eberesche:
Blüte



Kiefer: Blüte



Mais: Auflaufen


Hafer: Beginn des Schossens




Apfel: Blütenende; Weinrebe:
Blattentfaltung

Ende:

Wiesenfuchsschwanz: Blüte;

Wiesenfuchsschwanz: Vollblüte;

Winterroggen, Wintergerste:
Ährenschieben
Mais: Beginn des Schossens
Dauergrünland: erster Heu, bzw. Silageschnitt




Himbeere: Blüte

Der Frühsommer



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang

Schwarzer Holunder: Blüte
Robinie, Wiesenknäuelgras: Vollblüte


Winterroggen: Blüte


Mitte

Hundsrose, Margerite, Klatschmohn: Blüte
Liguster, Falscher Jasmin, Staudenrittersporn: Blüte


Winterroggen: Vollblüte; Winterweizen: Ährenschieben


Ende:


Hafer: Ährenschieben
Betarüben: Bestandschluss
Sonnenblume: Knospenbildung


frühe Süßkirschen: reife Früchte
frühe Erdbeeren: reife Früchte

Der Hochsommer



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang

Sommerlinde: Blüte

Madonnenlilie, Lavendel, Wegwarte, Wilde Möhre: Blüte
Johanniskrauf: Blüte






Wintergerste: Gelbreife

Weinrebe: Blüte
Weinrebe: Vollblüte
Rote Johannisbeere, Stachelbeere:
Fruchtreife
Weinrebe: Blütenende

Mitte

Beifuss: Blüte

Winterlinde: Blüte

Mais: Rispenscheiden

Sonnenblume: Blüte; Wintergerste: Ernte
Winterweizen, Hafer: Milchreife
Mais-Blüte; Winterraps: Vollreife


Süßkirsche: Fruchtreife

Ende:


Winterraps: Ernte; Winterroggen: Gelbreife

Sauerkirsche: Fruchtreife

Der Spätsommer



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang





Eberesche: Fruchtreife;
Heidekraut: Blüte

Winterweizen: Gelbreife

Hafer: Gelbreife;
Winterroggen: Ernte


frühe Äpfel: Fruchtreife

Mitte



Goldrute: Blüte


Winterweizen: Ernte
Dauergrünland: 2. Heu- bzw.
Silageschnitt

frühe Pflaumen: Fruchtreife

Ende:



Herbstzeitlose: Blüte

Hafer: Ernte
Mais: Milchreife


Der Frühherbst



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang



Schwarzer Holunder, Kornellkirsche,
Zweigriffliger Weißdorn,
Hundsrose: Fruchtreife


Winterraps: Bestellung



Winterraps: Auflaufen

frühe Birnen: Fruchtreife

Brombeere: Fruchtreife

Ende:

Rosskastanie: Fruchtreife

Mais: Teigreife
Mais: Ernte (Silageschnitt)


Der Vollherbst



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang

Stieleiche: Fruchtreife


Wintergerste: Bestellung
Mais: Gelbreife
Mais: Vollreife
Mais: Körnerernte
Winterraps: Rosettenbildung
Sonnenblume: Ernte


frühe Weinreben


späte Birnen: Fruchtreife
späte Weinreben: Fruchtreife

Mitte

Rosskastanie: Blattverfärbung
Hängebirke: Blattverfärbung

Europäische Lärche: Nadelverfärbung

Wintergerste: Auflaufen

Spätkartoffel: Ernte
Winterroggen: Bestellung


Süßkirsche: Blattfall

Ende:

Rotbuche: Blattfall

Stieleiche: Blattfall


Betrüben: Ernte


späte Äpfel: Fruchtreife

frühe Weinreben: Blattfall

Der Spätherbst



Natur

Landwirtschaft

Obstgarten

Anfang


Rosskastanie: Laubfall
Eberesche, Hängebirke: Laubfall
Europäische Lärche: Nadelfall
Rotbuche, Stieleiche: Laubfall

Winterweizen: Bestellung


Mitte


Winterroggen: Auflaufen

Winterweizen: Auflaufen

späte Weinreben: Lese
frühe Weinreben: Laubfall
späte Weinreben: Laubverfärbung
Apfel, späte Weinreben: Laubfall

Ende:

Ende der Vegetationsperiode

Ende der Vegetationsperiode

Ende der Vegetationsperiode

Der Winter

NaturLandwirtschaftObstgarten
Ende des Blattfalls; Vegetationsruhe bis zur SchneeglöckchenblüteDurchfrorener Boden; VegetationsruheErnte Spätobst; Ende des Blattfalls; Vegetationsruhe"



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