Lostage

(entnommen aus: Abendrot, Schönwetterbot' - Wetterzeichen richtig deuten, Bernhard Michels, 2004, BLV Verlagsgesellschaft mbH München, S. 127/128)

Viele gut bekannte Wetterregeln und Sprüche sind in ganz Mitteleuropa gleich und haben vielfach keine nennenswerte prognostische Aussagekraft auf das Wettergeschehen wie z.B.:
            Man muss die Feste feiern, wie sie fallen, und das Wetter nehmen, wie es ist. Oder: Wer's Wetter scheut, kommt niemals weit, denn weise Leute richten sich nach Wetter und Wind.
Von lokal viel größer Bedeutung sind die Lostage. Es sind Merktage, aus deren Wetterverhältnissen man auf die Witterung der folgenden Zeit oder auf die zu erwartende Ernte schließt. Diese Regeln sind fast ausschließlich mit den Namenstagen der fast ausschließlich katholischen Heiligen verknüpft, aber kaum primär an Daten im Kalender gebunden. Das kommt daher, dass ein Großteil der damaligen Bevölkerung weder den Kalender lesen noch einen bezahlen konnte. Früher wurde das Jahr nicht nur in Tage, Wochen und Monate eingeteilt, sondern vor allen Dingen von besonderen Merk-, Fest-, und Namenstagen geprägt, z.B. Margaret (13.9.) und Martin (11.11.), beide Tage waren Zahltage. Auf Gertrud (17.3) beobachtete man die Lufttemperatur. Fror es an diesem Tag, so blieb es damals wie heute für 1-2 Wochen meistens weiterhin kalt.
            Friert es am Tag von St. Gertrud, der Winter noch 2 Wochen nicht ruht.

            Weitere bekannte Lostage sind Lichtmess (2.2.), Elias (20.7.), Gallus (10.10.) und viele andere. Was an diesen Tagen beobachtet wurde, beeinflusste die Wettererwartungen und Handlungen der damaligen Bevölkerung. An den Lostagen war die Aussagekraft der Wetterbeobachtung nicht immer genau auf den Tag beschränkt, sondern ausgedehnt um die Daten der Lostage herum, an denen sich bestimmte Witterungsphasen änderten oder einstellten.

Den damaligen Menschen gelang es auf jeden Fall, ganz ohne Messinstrumente wiederkehrende Regelmäßigkeiten der Witterung durch die Lostage mit dem Kalender in Verbindung zu bringen. Heutzutage werden die Bauernregeln meist geringschätzig wegdiskutiert.
Warum eigentlich? Wenigstens einmal im Jahr ist das nicht so. Der Siebenschläfertag am 27. Juni mit seinem allseits bekannten Spruch:
            "Regnet's am Siebenschläfertag, so regnet's noch sieben Wochen danach",
wird von den Medien geradezu geheiligt. Die Sommerferien und damit die Haupturlaubszeit hat angefangen, und da wünscht man sich nun einmal schönes Wetter. Wie sich die Witterung am Siebenschläfertag zeigt, so wird sie im Großen und Ganzen meistens auch längere Zeit bleiben. Solche Lostagsaussagen und auch andere Singularitäten mit gleich großer Eintreffwahrscheinlichkeit gibt es viele im Wetterjahr; seltsamerweise fehlt ihnen jegliche Lobby.


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